Schon wieder ist ein Jahr geschafft und wieder ist nur Mist gemacht - in unserem Leben mit Flo trifft dies den Nagel auf den Kopf, denn der (Un)sinn überwiegt meistens im Alltag.
Und über das alles und noch viel mehr, habe ich einen Song geschrieben.
Er heißt "IM EINKLANG" und ist unser diesjähriger Beitrag zum Welt-Downsyndrom-Tag 2024, dessen Mottos "Mein Herz schlägt wie deins" und "Schluss mit Vorurteilen" sind. Und dazu ist mir ganz schön viel eingefallen!
Nicht lang quatschen, lasst uns die Socken rocken! Mitsingen und teilen unserer Songbotschaft unbedingt erwünscht :-)
Habt einen tollen Tag!
Coronakrise, Klimachaos und Krieg in der Ukraine - in diesem Jahr fiel es mir wirklich schwer, meinen Beitrag zum Welt-Downsyndrom-Tag 2022 zu erstellen! Angesichts des Leids, das Menschen nur 700 km entfernt von uns erleben müssen, schämte ich mich, dass ich beim Sichten unseres Bildmaterials Rotz und Wasser geheult habe: Die Erinnerungen an Afrika und das Gefühl von Freiheit und Glück, das wir auf unseren Reisen immer empfunden haben und die gelebte Inklusion, die wir erfahren durften - all das vermisse ich in den letzten 2 Corona-Jahren schmerzlich. Jetzt hieß es: Selbstmitleid wegpacken und auf das Wesentliche konzentrieren!
Aber wie soll man in einer Zeit, in der Kinder und hochschwangere Mütter in einem Krankenhaus bombardiert werden, eintreten für mehr Gerechtigkeit und Teilhabe für sein Kind, wenn einem die eigenen Sorgen im direkten Vergleich plötzlich vorkommen wie Luxusprobleme?
Dieser Zwiespalt war meine Inspiration, ein kleines Inklusionsgedicht zu schreiben, das ich dann zusammen mit meinem Hauptakteur Flo zu unserer Videobotschaft 2022 umsetzte, denn: Auch wenn in diesen Tagen voller Horrormeldungen der Kampf um Teilhabe unserer besonderen Kinder an der Gesellschaft in den Hintergrund treten mag, so sollten wir den Weltdownsyndromtag gerade deshalb nutzen, um daran zu erinnern, das jedes Leben wertvoll und einzigartig ist!
Schließlich geht es um nichts Geringeres, als um das Leben von Menschen mit Downsyndrom: Der Kampf ums Überleben ist ein stiller und läuft hinter den Kulissen ab, da die pränatalen Bluttests immer mehr diese besondere "Spezies" gefährden! Ich möchte unser Kind um nichts auf der Welt missen und es macht mich unendlich traurig, dass so vielen besonderen Kindern durch die Pränataldiagnostik die Chance genommen wird, zu leben und ihre Eltern "reich" zu machen. Liebe ist alles!
Deswegen setzen wir mit unserem Inklusionsgedicht ein Zeichen für mehr Toleranz und Miteinander - Zuhause und an jedem anderen Ort!
Wir wünschen Euch allen viel Spaß beim Anschauen. Teilt die Botschaft, wo immer ihr könnt - wir können alle ein bisschen mehr Miteinander gut gebrauchen!
Da mein Mutmach-Buch über unsere besondere Reise mit unserem besonderen Kind als Druckwerk ausverkauft ist, biete ich es hier kostenlos zum Download an, da wir alle etwas Mut in diesen schweren Zeiten brauchen können!
Ich wünsche Euch allen viel Spaß beim Lesen und einen positiven Ausblick in eine hoffentlich bessere Zukunft!
Gerade haben uns werdende Eltern zu Hause besucht, die kurz zuvor erfahren hatten, dass ihr Kind mit Downsyndrom geboren wird. Was es für die Familie und die Paarbeziehung seelisch bedeutet, wenn man nach der Pränataldiagnostik das Ergebnis schwarz- auf-weiß präsentiert bekommt und nun eine weitreichende Entscheidung treffen muss, kann man wohl nur ermessen, wenn man selbst schon in einer ähnlichen Situation war! Umso mehr freuen wir uns, wenn wir Familien durch das persönliche Gespräch für ihren weiteren Weg mehr Klarheit geben können.
Nur wenige Stunden nach unserem Besuch stieß ich dann im Internet auf die Schlagzeile, welche die FDP auf Twitter geliefert hatte:
Untermauert wurde diese Forderung mit dem Foto eines traurig dreinblickenden Kindes mit Downsyndrom. Um das FDP-Posting entbrannte schnell eine heftige Diskussion über Ethik und Menschlichkeit, der Beitrag wurde schließlich gelöscht, weil es sich um einen bedauerlichen Irrtum handle und die Aussage falsch verstanden wurde. Häh?!
In der Theorie klingt es wahnsinnig samariterlich - Bluttests für jeden, gleiches Recht für alle, diskriminierungsfrei und selbstbestimmt. Doch nicht umsonst existiert das Sprichwort: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Was es nämlich in der Praxis für uns Frauen und Familien wirklich bedeutet, in der Schwangerschaft mit den Testergebnissen konfrontiert zu werden, wissen nur wir Betroffene allein! Die ursprüngliche Wahl wird zur absoluten Qual und dann bist Du allein mit Deiner super tollen diskriminierungsfreien Entscheidungsfreiheit und darfst zwischen Leben und Tod wählen. Da freut man sich als werdende Mutter - denn schließlich darf man selbst entscheiden, wie man mit dem Ergebnis umgeht! Klar kann ich als Frau den Bluttest und andere Pränataldiagnostik - kassenärztliche Leistung oder auch nicht - kategorisch ablehnen. Doch das wird in der Praxis selten passieren, denn steht erst einmal ein Verdachtsmoment im Raum, sieht das mit der Entscheidungsfreiheit schon ganz anders aus. Man gerät in ein Wechselbad der Gefühle, schwankt ständig zwischen Pro und Kontra - bis man schließlich gar nichts mehr weiß und am liebsten vor sich selbst davonlaufen möchte.
Ich bin wütend und fassungslos über die Gedankenlosigkeit mancher Politiker, die für Wählerstimmen ihre Seele verkaufen. Offensichtlich haben diese Menschen nie am eigenen Leib Erfahrungen mit der Pränataldiagnostik sammeln müssen, sonst würden ihre Mitteilungen womöglich etwas differenzierter ausfallen. Vielleicht haben sie selbst aber auch nur lauter rundum perfekte Designerbabys produziert, die sich problemlos in unsere Hochglanzgesellschaft integrieren lassen und müssen sich daher nicht mit "Randgruppen-Problemen" auseinandersetzen?!
Doch letztlich geht es um nichts Geringeres als das Überleben der Letzten ihrer Art! 9 von 10 Kinder mit der Pränatal-Diagnose "Downsyndrom" werden abgetrieben - und das schon ganz ohne den sogenannten Praena-Test auf Kassenleistung!
Es wurde nämlich gerade im Bundestag diskutiert, ob dieser Bluttest zur Erkennung von Trisomien für Risikoschwangere zur Kassenleistung werden soll. Dieser nicht-invasive Test bestimmt mit Chromosomenteilen des Kindes aus dem mütterlichen Blut die Wahrscheinlichkeit, mit der das Kind mit einer Trisomie 21 auf die Welt kommt. Die Treffsicherheit liegt nach Angaben des Herstellers bei 99 Prozent!
Ich hatte damals Glück mit meinem Gynäkologen - er unterstützte meine Entscheidung gegen die Fruchtwasseruntersuchung und drängte mich nicht zur weiteren Abklärung des Verdachtes. Ich erinnere mich noch sehr genau, wie er mich fragte: "Warum haben Sie dann eigentlich das Ersttrimesterscreening machen lassen, wenn Sie das Kind in jedem Fall bekommen wollen?" Ich brauchte nicht lange zu überlegen: Nach einer Fehlgeburt und aufgrund meines Alters über 35 Jahre galt ich von vornherein als Risikoschwangere und so war mir diese Untersuchung von ihm höchstpersönlich dringend ans Herz gelegt worden. Doch die einzig wahre Antwort, die ich laut aussprach, war: "Alles fühlte sich gut und richtig an. Warum also nicht die Möglichkeiten der Diagnostik ausschöpfen, um das noch einmal bestätigt zu bekommen?" Der Denkfehler lag im Detail!
Die SPD-Abgeordnete Dagmar Schmidt, selbst seit 2013 Mutter eines Sohnes mit Downsyndrom, zeigt als Betroffene ganz klar auch diese andere Seite der Medaille und steht der Debatte deshalb kritisch gegenüber: Sie nahm nach eigener Aussage damals in der Pränataldiagnostik ihr Recht auf Nichtwissen in Anspruch und ist heute sehr glücklich mit ihrer Entscheidung. Es geht also in der Politik auch, die Debatte etwas differenzierter zu führen - was wiederrum wohl dem Umstand zu verdanken ist, dass Frau Schmidt als Betroffene beide Seiten beurteilen kann. Womit wir wieder beim Recht auf Nichtwissen angekommen wären:
Denn dieses Recht sollte jede Frau und ihre Familie ebenfalls haben, ohne selbst in Rechtfertigungsdruck zu geraten! Denn es ist durchaus kein Kopf-in-den-Sand-stecken oder Wahrheiten verleugnen, wenn man sich bewusst nicht für die weiterführende Diagnostik entscheidet! Ist jedoch erst einmal der Verdachtsmoment einer Chromosomenanomalie vorhanden, scheidet sich die Theorie wieder einmal von der Realität:
Nach zahlreichen Gesprächen weiß ich aus erster Hand, wie es um freie Entscheidung und das Recht auf Nichtwissen in der Praxis bestellt ist, wenn bei der Ultraschall-Untersuchung ein erster Verdacht aufkeimt. "Es gab Auffälligkeiten und man sagte uns, wir müssten das unbedingt genauer abklären lassen!" höre ich häufig von betroffenen Eltern, die dann aus verständlichen Gründen so unsicher sind, dass sie den Testverfahren zustimmen. Die weitere Vorgehensweise mit der Einwilligung zur Chorionzottenbiopsie oder etwaigen Bluttests wird nicht selten als medizinische Notwendigkeit verkauft, was sie eigentlich nicht immer ist. Und schon ist man ins persönliche Dilemma gerutscht und hätte es besser nicht schwarz-auf weiß gewusst. Denn ab diesem Moment ist die Schwangerschaft von ungekannten Ängsten begleitet:
Menschen mit Downsyndrom erfahren weltweit Benachteiligung - das ist Fakt. Wie wird mein Leben mit einem behinderten Kind weitergehen? Muss ich meinen Job aufgeben? Bin ich der Herausforderung überhaupt gewachsen? Wird mein Kind jemals Akzeptanz im Leben erfahren? Wie wird mein Umfeld mit meiner bewussten Entscheidung für ein behindertes Kind umgehen? Ist so ein Leben überhaupt lebenswert? - Fragen, die werdende Eltern definitiv nicht mehr ruhig schlafen lassen und als absolut existenzbedrohend empfunden werden.
Doch auch das können wohl nur Betroffene und ihre Familien beantworten:
JA - Menschen mit Downsyndrom sind eine Bereicherung für unsere Gesellschaft! Und JA - sie finden ihr Leben durchaus lebenswert und gehen mit ihrer Zeit auf Erden niemals so achtlos um, wie manch anderer von uns!
Einen wirklich kreativen Ansatz, um gezielt auf die Problematik hinzuweisen, dass Downsyndrom weltweit bald als "vermeidbar" angesehen wird, hat die Canadian Downssyndrom Society (CDSS): Für ihre Kampagne gegen die Benachteiligung von Menschen mit Downsyndrom plädieren Betroffene in Kostümen bedrohter Tierarten für die Aufnahme auf die Rote Liste der bedrohten Arten. Sie möchten mit einer Petition erreichen, auf die „Rote Liste gefährdeter Arten" der Weltnaturschutzunion (IUCN) aufgenommen zu werden. Ihre Begründung: Menschen mit Downsyndrom seien sehr wohl als „gefährdete Unterart oder Unterpopulation von Homo Sapiens" bedroht und nach den Kriterien der IUCN gelten Menschen mit Downsyndrom in vielen Teilen der Welt als gefährdet.
Auch wenn dieser Denkansatz auf den ersten Blick vielleicht etwas schräg erscheinen mag - unter dem Strich ist es doch eigentlich nur von Bedeutung, dass wir für Menschen mit Downsyndrom und ihr Recht auf Leben eintreten und kämpfen! Wenn wir als betroffene Familien schon nichts tun, wer soll bitte dann aufstehen?!
Es geht um unsere Kinder und eine gemeinsame Welt, die ohne sie definitiv ein bisschen ärmer dran wäre!
"Am 19.09.2019 wurden die ethischen Fundamente unserer Gesellschaft zerrüttet. Mit der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Kassenübernahme pränataler molekulargenetischer Bluttests wurde ein neues Kapitel im Umgang mit Menschen mit Behinderung eröffnet" (Deutsches Down-Syndrom InfoCenter)
Neulich hatten wir unser Downsyndrom-Familientreffen und durften wieder einige "Frischlinge" in unserer Mitte begrüßen. Zu sehen, wie gut die frischgebackenen Eltern mit der besonderen Herausforderung umgehen, die Wärme und Liebe zu spüren, die dem neuen Erdenbürger entgegengebracht werden, ist eine Bereicherung! Wenn ich in die stolzen Gesichter der Eltern blicke, weiß ich, dass an dem Satz, den mir eine Hebamme nach Flos Geburt mit auf den Weg gegeben hat, etwas Wahres dran ist: "Besondere Kinder suchen sich besondere Eltern aus". Das hat mir als Mutter eines Kindes mit Downsyndrom im Laufe der Jahre oft Mut gemacht.
Die Mutter eines Neuankömmlings hat es bei unserer Diskussion über Fluch und Segen der Pränataldiagnostik mit einem Augenzwinkern auf den Punkt gebracht: "Irgendwie sind wir doch alle Lottogewinner, wenn man die Wahrscheinlichkeitsrechnung einbezieht!" Und recht hat sie - denn ein Gewinn für uns Eltern sind unsere Kinder allemal. Trotz aller Nerven, die man im Alltag mit ihnen manchmal lässt, würde keiner von uns sie missen wollen. Und ein Überraschungspaket waren sie für die meisten von uns sowieso - ich bin bis jetzt fast nur auf Eltern getroffen, die nicht wussten, dass sie ein Kind mit Downsnydrom bekommen.
"Ja mei, ich hätt ihn auch gerne ohne Downsyndrom genommen!" bringt es eine andere Mutter ebenso auf den Punkt. Keiner von uns hat sich diese besondere Aufgabe ausgesucht - und doch hat jeder gelernt, das Beste daraus zu machen. Man wächst mit seinen Aufgaben und Liebe fragt definitiv nicht nach Chromosomenzahlen.
Diesen Job übernimmt für gewöhnlich die Pränatalberatung, die meist nur aus medizinischer Sicht erfolgt und über Fakten, Risiken und Wahrscheinlichkeiten aufklärt. Es ist in unseren Zeiten, wo jeder jeden verklagt, auch nur zu verständlich, dass sich die Mediziner rechtlich absichern müssen. Aus menschlicher Sicht stehen betroffene Schwangere mit der statistischen Auswertung ihrer Diagnose dann aber eben meist allein und gelähmt von Ängsten da und müssen inmitten dieses schweren Seelenbebens eine weitreichende persönliche Entscheidung treffen.
Ich hatte das sehr seltene Glück, dass mein Frauenarzt die Ausnahme von der Regel war. Als ich mich gegen die Fruchtwasseruntersuchung und damit auch gegen den Rat der Pränataldiagostikerin entschied, ließ er die medizinische Sicht außen vor und bestärkte mich - nicht als Arzt, sondern als Mensch - in meiner Herzentscheidung und dafür bin ich ihm noch heute unglaublich dankbar.
Hätte ich auf den Rat der Pränataldiagnostik gehört, hätte ich damals in der 12. SSW. durch Fruchtwasseruntersuchung erfahren, dass ich definitiv ein Kind mit Downsyndrom bekomme. Mit ganz neuen Bluttests ist die Diagnose Downsyndrom seit einigen Jahren sogar aus dem mütterlichen Blut ermitttelbar - ganz ohne die Risiken einer Fruchtwasseruntersuchung. Aus dem vagen Verdacht wäre im frühen Stadium der Schwangerschaft Gewissheit geworden und damit die Hoffnung gestorben, dass Statistiken sich irren können.
Ob Fruchtwasseruntersuchung oder nicht-invasive Bluttests mir das Ergebnis geliefert hätten - es hätte an meiner persönlichen Entscheidung für das Kind zwar nichts geändert, aber an meiner Einstellung zu dieser Schwangerschaft sehr wohl: Ich hätte mir 9 Monate lang Zukunftssorgen gemacht und Ängste aufgebaut, die es mir niemals möglich gemacht hätten, meinem Kind so vorbehaltlos entgegen zu treten und in meine neue Aufgabe hinein zu wachsen, wie es letztendlich der Fall war, allein weil die Diagnose eben erst zur Tatsache mit Flos Geburt wurde. Ich hielt mein Baby in den Armen, empfand nichts als bloße Liebe und da war es mir herzlich egal, dass dieses Kind mit einem Chromosom zu viel im Bauplan geliefert wurde.
Doch immer noch begegnet man Menschen, die fragen: "Habt ihr es denn nicht gewusst?" oder ""Konntet ihr da nichts machen?" Das spiegelt eigentlich nur den Konsens unserer Gesellschaft wider: Was nicht perfekt ins Raster passt, muss ja heutzutage nicht mehr sein. Ist dann wohl eher ein bedauerliches persönliches Einzelschicksal, oder?
Das Thema Downsyndrom geht, wie ich finde, unsere Gesellschaft sehr wohl etwas an, denn bis heutzutage Familiengründung zum Thema wird, werden wir immer älter. Die Zahl der Spätgebärenden wächst weiter an und damit auch das Risiko, ein Kind mit Downsyndrom zu bekommen. Mein Wunsch für die nahe Zukunft ist, dass wir Frauen und Familien mit unseren Ängsten nicht im Regen stehen gelassen werden mit der Aussage, dass diese Diagnose alles in deinem Leben zum Negativen verändert. Es muss nicht so laufen. Nicht jeder kann und will ein Kind mit Downsyndrom großziehen - doch frei entscheiden und die Pros und Contras abwägen kann man eben nur dann, wenn man nicht einseitig beraten wird.
Wir würden gerne diese Beratungslücke schließen und helfen sehr gerne durch ein persönliches Gespräch weiter, wenn sich werdende Eltern im seelischen Konflikt befinden, wie die Schwangerschaft weitergehen soll. Wir hören einfach zu und beantworten Fragen zum Leben mit Downsyndrom von Mensch zu Mensch. Scheuen Sie sich nicht, uns zu kontaktieren. Wir möchten gerne etwas davon weitergeben, was wir glücklicherweise nach der Geburt unseres Sohnes reichlich erfahren durften: Empathie und mutmachende Gespräche für die Seele.
Flo klebt sich Wurstscheiben lieber ins Gesicht als sie zu essen. Er trägt mit Vorliebe Unterhosen oder Windeln auf dem Kopf, rollt Klopapier stets bis zum letzten Blatt ab und verschönert damit das Bad, stopft Hausschuhe ins Klo und betätigt die Spülung in Schleife oder tanzt nackt auf dem Tisch.
Flo ist nun10 Jahre alt und man kann über ihn sagen, dass er definitiv anders tickt als seine gleichaltrigen Freunde. Flo wurde mit Downsyndrom geboren.
Was wir, als seine Eltern, definitiv in den letzten 10 Jahren unseres gemeinsamen Lebens von ihm gelernt haben, ist seine absolut überwältigende Fähigkeit, jeglichen Fallstricken des Lebens mit einem breiten Lächeln zu begegnen.
Lange habe ich darüber nachgedacht, ob ich die Geschichten aus unserem Leben mit Flo überhaupt öffentlich erzählen darf, private Fotos und Erlebnisse mit unserem besonderen Kind im Internet preisgeben kann - in einer Zeit, in der Eltern von den eigenen Kindern auf Verletzung der Persönlichkeitsrechte verklagt werden, weil sie ein kompromittierendes Foto aus der Kinderzeit veröffentlicht haben. Wobei "kompromittierend" eben auch sehr im Auge des Betrachters liegt und für jedes Individuum da wohl eine eigene Toleranzgrenze besteht.
Vielleicht wird auch Flo es eines Tages nicht gutheißen, dass ich auf dieser Seite von seinen Streichen berichtet habe. Dann werden wir neu verhandeln. Doch momentan setze ich auf sein hohes Maß an Toleranz. Wir sind uns einig, dass Flo mit einer bestimmten Botschaft auf dieser Welt gelandet ist, die es verdient, nach außen getragen zu werden: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
Die Zeiten, in denen über Behinderungen peinlich berührt geschwiegen wurde, sind längst vorbei. Wollen wir nicht lieber gemeinsam lachen und das Leben leichter nehmen, wenn uns das Schicksal mal wieder die Keule verpasst?
Ich habe mich deshalb bewusst mit jeder Faser meines Herzens und frei aus dem Bauch heraus entschieden, aus unserem Leben mit Downsyndrom zu berichten, weil nur das Schweigen und Nichtstun Mauern errichtet und Ängste schürt. Flo liefert mir täglich begeistert den Stoff, um diese Seiten zu füllen - je verrückter, desto besser. Unser Leben mit Humor anzunehmen und über den Irrsinn des Alltags zu lachen, ist nicht nur für mich zu einer ganz persönlichen Seelentherapie geworden, sondern kann auch anderen Mut machen, die vielleicht gerade Eltern eines Kindes mit Downsyndrom geworden sind oder vor der Entscheidung stehen, es eventuell bald zu sein. Das Leben ist nicht schwarz, das Leben ist nicht weiß - mit Flo ist es in jedem Falle immer bunt. Das ist meine Botschaft an euch und ich nehme mir die Freiheit, sie mit "Beweisfotos" aus unserem Alltag zu untermauern. Ich hoffe inständig, Flo bewahrt sich seine schönste Charaktereigenschaft, über sich selber lachen zu können, bis ins hohe Alter. Nicht, dass er mich irgendwann verklagt ...
Die erste Reise seines Lebens führte Flo als blinder Passagier in meinem Bauch nach Madagaskar. 2018 ist er nun "zurückgekehrt" auf diese zauberhafte Insel im Indischen Ozean. Mehr hierzu findet ihr in der Rubrik Zurück nach MADAGASKAR.
Typische Flo-Anekdoten zu unserer Reise findet ihr jetzt ganz neu unter Mein 7. Jahr
Flo ist nun kein Kindergartenkind mehr, sondern Erstklässler! Nachdem wir ihn im letzten Jahr rückgestellt hatten, ist er mit 7 Jahren bereit gewesen für diesen neuen Abschnitt.
Die Entscheidung, welche Schule die Richtige für unser Kind sein wird, war schwierig und bescherte mir manch schlaflose Nacht: Grundschule im Heimatort mit Schulbegleitung oder Förderschule am Heilpädagogischen Zentrum?
Wenn wir Flo fragten, sah er sich selbst ganz klar in unserem Heimatdorf an der Grundschule mit seinen Freunden. Wir wollten ihm diesen Traum gerne erfüllen, obwohl wir uns darüber im Klaren waren, dass dieser Weg für ihn definitiv nicht der Leichteste werden würde. Wir wünschten uns für ihn von ganzem Herzen, was sich alle Eltern für ihr Kind wünschen: Dass er den Anschluss im Dorf behält, dass er Freunde hat und akzeptiert wird.
Und genau da lag auch unsere größte Angst: Würde Flo dem Experiment Inklusion gewachsen sein oder sein Traum zum Albtraum mutieren? Wir hatten zwar große Angst vor einer Bruchlandung, aber waren auch davon überzeugt, dass unsere Ängste nicht Flo´s Traum platzen lassen durften, bevor er ihn leben konnte. Wenn wir es nicht versuchten, würden die Fragen "Wäre..., Hätte..., Könnte...?" uns immer verfolgen.
Wir führten Gespräche an der Grundschule und dem Heilpädagogischen Zentrum, an dem Flo schon in den Kindergarten gegangen war. Wir hatten auch mehrerer Gespräche mit einem Inklusionsberater vom Landratsamt, bevor wir eine entgültige Entscheidung getroffen haben.
Letztlich entschieden wir uns (für uns selbst überraschend) aus dem Bauch heraus gegen Inklusion an der Grundschule. Das hatte, im Nachhinein betrachtet, viele kleine Gründe, die erst nach den Gesprächen aus unserem Unterbewusstsein hervorkamen. In erster Linie gab es aber auch den entscheidenden Hauptgrund, dass die Schule zwar ihre Bereitschaft signalisierte, es mit Flo zu versuchen - aber eben nur, weil sie es musste und nicht, weil sie es wirklich wollte!
Ich habe es als Mutter sehr verletzend empfunden, dass von mir absolutes Verständnis dafür erwartet wurde, dass mein Sohn als Last und Bürde gesehen wird, ohne ihn überhaupt persönlich kennen gelernt zu haben. Allein durch die Diagnose Downsyndrom wurde er abgestempelt als Störenfried, Belastung und Zusatzaufwand. Die Schule sei "auf sowas nicht eingestellt" und "wenn man ehrlich sei, könne die Schule den Zusatzaufwand auch nicht leisten". Erleichterung kam erst bei der Option einer Individualbegleitung auf - das könne ja dann alles diese Kraft übernehmen....! Es fehlte zwischenmenschlich so weit, dass ich nicht von einem Graben, sondern von einer tiefen Schlucht sprechen möchte! Ich hatte weiß Gott kein Jubelkonzert erwartet oder gar im Stillen gehofft, die Schule würde mein Kind vielleicht als soziale Bereicherung sehen. Aber, dass wir als Eltern - die stolz auf ihr Kind sind, das sich alles so viel härter erarbeiten muss - Verständnis haben sollten, dass unser Kind nicht erwünscht, sondern nur leidlich geduldet wird - nein, damit konnten wir nicht leben!
Wir trafen die Entscheidung somit gegen Flo´s Traum und es fühlte sich trotzdem richtig an. Ich versuchte mit Humor und einem Augenzwinkern, mir unsere Bauchentscheidung und das schlechte Gefühl, Flo übergangen zu haben, schön zu reden: Die Schule hatte ihr Bewerbungsgespräch, unseren Jackpot an ihrer Schule aufnehmen zu dürfen, gründlich versaut ;-)
Für Flo selbst, der sein Leben immer genauso nimmt, wie es gerade kommt, gab es keinen einzigen zaudernden Blick zurück. Kein wäre.., hätte..., könnte...! Er trug mit Stolz und Lebensfreude seine Schultüte in seine Förderklasse und war schon bald gänzlich angekommen.
Ich habe keinen Zweifel, dass sich unser Kind mit Beharrlichkeit und unserer Hilfe auch durch die Grundschulzeit als Inklusionskind gekämpft hätte, aber er hätte an dieser Schule einen hohen Preis dafür bezahlt und vielleicht seine schönste Wesensart eingebüßt: Pure Lebensfreude! Flo´s bedingungsloses Urvertrauen, dass es keine Sackgassen gibt, sondern das Leben ein spannender Abenteuerpfad ist, der immer irgendwo hin führt - hat aus unserem Nesthocker einen stolzen Zugvogel gemacht, der in vielfacher Hinsicht gelernt hat, zu fliegen.
Das Gefühl, nicht erwünscht zu sein, hätte seine Flügel gestutzt, ihn in einen Käfig gesperrt und sein fröhliches Zwitschern in heiseres Krächzen verwandelt. Ich sehe mein Kind lieber als den frechen Spatz auf dem Dach, als die lethargische Taube in der Hand!
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Inklusion an der Regelschule eine sehr individuell abzuwägende Sache ist und hier viele Komponenten zusammen spielen müssen, damit es funktionieren kann. In aller erster Linie muss die Chemie stimmen, die eine Zusammenarbeit überhaupt möglich macht. Bayern befindet sich in puncto Inklusion an Regelschulen leider im seligen Dornröschenschlaf und gedenkt wohl auch nicht daran, zeitnah zu erwachen!
Die ZEIT ONLINE berichtet über die Forschungen der Entwicklungsbiologin Jeanne B. Lawrence, der es gemeinsam mit ihren Kollegen von der Universität Massachusetts gelungen war, das dritte Chromosom 21, welches für Downsyndrom verantwortlich ist, in vitro inaktiv zu schalten. Doch was bedeutet das in der Praxis und vor allem unter ethischen Gesichtspunkten? Ich habe diesen Artikel aufgegriffen und mir dazu als persönlich betroffene Mutter eines Kindes mit Downsyndrom Gedanken gemacht. Ihr findet den Punkt Forschung - Was wäre wenn? unter der Rubrik Das gewisse E-XXX21-TRA
Flos neueste Schandtaten und natürlich auch seine positiven Entwicklungen findet ihr unter der Rubrik "Rückblick - Meine Memoiren". Viel Spaß beim Lesen - ich schätze, der ein oder andere von Euch wird sich in den Erzählungen wiederfinden!
Wir wünschen allen Menschen mit dem gewissen E-XXX21-tra, ihren Familien und Freunden und vor allem denjenigen, die vor der Entscheidung stehen, ein Kind mit Down Syndrom in ihrem Leben zu begrüßen, viel Kraft, Mut und Liebe.
Denkt dran, ihr seid immer ein Chromosom voraus ;-)
Wir sind Familie Niedermeier und haben uns ganz bewusst für unseren Sohn Florian und gegen die Fruchtwasserunter-suchung entschieden, als der Verdacht auf Down Syndrom in der 12. SSW. nach der Pränataldiagnostik im Raum stand.
Nicht-invasive Bluttests ermöglichen es neuerdings ohne Risiko für den Fetus Down Syndrom in einem frühen Stadium der Schwangerschaft nachzuweisen.
Die hohe Abtreibungsrate von 92 % wird weiter steigen.
Wir hoffen, dass unsere Geschichte anderen Paaren Mut macht, die eine ähnliche Diagnose in der Schwangerschaft erhalten haben wie wir und nun überlegen, wie es weiter gehen soll. Wir wissen genau, was Sie jetzt durchmachen!
Wir sprechen gerne mit Ihnen! Wenn wir nur einem Kind mit dem gewissen E-XXX21-tra durch unsere Botschaft auf diese Welt verhelfen können, dann haben wir alles richtig gemacht!
Haben Sie den Mut, uns zu kontaktieren. Wir helfen gerne!
Florian Niedermeier
Hochfellnstr. 46 b
83346 Bergen
08662/664196
katja-niedermeier@web.de
Liebe
fragt nicht
nach Chromosomenzahlen.